Kaum zu glauben, was unsere Zwillinge plötzlich alles anstellen können. Noch Anfang August habe ich mit Sohnemann geübt, wie man sich vom Bauch auf den Rücken dreht. Er beherrschte nur die Drehung auf den Bauch und fing kläglich an zu weinen, wenn der Kopf zu schwer wurde. Inzwischen haben beide entschieden, dass herumliegen langweilig ist. Und sich die Welt zu erobern durch hin und her rollen, ist auch ein mühsames Geschäft. Also hat sich Töchterchen einfach mal hingesetzt. Meine Frau unterstellt ihr für diesen mutigen Schritt einen ganz weiblichen Drang: Sie war “wunderfitzig” und wollte den Inhalt einer Kiste inspizieren, die unter dem Tisch stand. Dazu hat sie sich hoch gezogen. Der Bub macht sich nicht so viel Mühe - er beobachtet schlichtweg, was Schwesterherz vorführt und macht es nach. Zwei Tage später konnte er sich auch hinsetzen und bald sah das so natürlich aus, als ob die beiden die nötigen Bewegungen schon mit in die Wiege bekommen hätten. Krabbeln ist auf einmal auch kein Problem mehr. Bisher mündeten alle Bemühungen zum Krabbeln im Rückwärtsgang und brachten die Kleinen nie dorthin, wo es wirklich interessant war.
Töchterchen späht mit Vorliebe herrenlose Schuhe oder Sandalen aus - und hast du nicht gesehen, geht's vorwärts zum Ziel der Begierde. Und wieder dauerte es nur wenige Tage bis der Bruder auch diesen Trick bei der Schwester gelernt hatte. Ein Bekannter bemerkte dazu tiefsinnig, dass Männer diese Fähigkeit bis in's Alter pflegen.
Jetzt gibt’s am Esstisch eine richtige Familienrunde. Die Zwillinge sitzen in ihren Hochstühlen und schauen neugierig zu, was Mama und Papa auf dem Tisch mit Messer und Gabel anstellen. Was im Einzugsbereich der Babyfinger passiert, hat freilich weniger mit Esskultur zu tun. Nach der ersten Mahlzeit im Hochstuhl war eine Tasse weniger in den Schrank zu räumen und ein Teller landete zudem im Müll. Und das obwohl das Kindergeschirr den Anspruch hatte, unkaputtbar zu sein. Trotzdem gab es leuchtende Kinderaugen ohne jede Spur von Reue. Nur Mama war “not amused”.
Wer kann sich bei so viel Lebensfreude und Entdeckerdrang vorstellen, dass Gott vor haben könnte, den Papa demnächst abzuberufen aus diesem Leben? Die Chemotherapie muss ja erfolgreich verlaufen. Die Kleinen brauchen doch auch einen Papa - besonders, wenn sie in den nächsten Jahren noch so viel mehr entdecken und lernen werden. Ja, Gott wäre ungerecht, wenn er jetzt die Familie durch Krebs und einen Todesfall auseinander reißen würde. So urteilen ganz menschliche Gedanken und ich würde mich der Vorstellung ja gar zu gern anschließen. Man könnte Gott sozusagen erpressen und sagen: “Du hast uns die Kinder geschenkt. Jetzt musst du mich auch wieder gesund werden lassen.”
Doch Gott kann anders. Oder sollte man besser sagen: Gott lässt auch schlimme Dinge geschehen. Erst kürzlich erreichte uns die Nachricht von Bekannten, wo eine Mutter an Brustkrebs erkrankte und erlag. Am Grab stand ihr dreijähriges Kind. Krankheiten reißen Familien heute nicht mehr so oft auseinander wie das früher an der Tagesordnung war. Doch jeder kennt wohl Nachrichten von tödlichen Unfällen, die Kinder als Halbwaisen zurück gelassen haben. Wie können wir diese Wege Gottes verstehen? Mitunter verstehen wir erst im Rückblick und Jahre später, was Gott durch Schicksalsschläge bewirkt hat. Doch nicht immer erschließt sich Gottes Handeln unserer Logik. Der Prophet Jesaja erinnert (Jes 55, 8-9): Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.
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