So gut und gesund wie heute habe ich mich lange nicht gefühlt. Die Woche im Allgäu war eine gute Kur. Doch so geht es nicht weiter. Um zehn soll ich in der Klinik sein. Der nächste Block Chemotherapie steht an. Ich weiß schon etwa, was das Ergebnis sein wird. Nach dieser Woche mit einer Kaskade von giftigen Medikamenten werde ich kränklich entlassen werden. Da hilft nur, einen klaren Kopf zu behalten und sich vor Augen zu führen, dass es ja darum geht, den Krebszellen in meinem Blut bzw. im Lymphsystem keine Zeit zu lassen für erneutes Wachstum.
Auf Station eröffnet mir der Arzt, dass als erstes eine Knochenmarksstanze auf dem Programm steht. Der Stationsarzt bringt wieder einen jungen Arzt zum Anlernen mit. Da muss ich mal wieder herhalten als Trainingspatient. Gut, ich will auch diesem Arzt Vertrauen entgegen bringen; oder sollte ich sagen: jemand muss ihm eine Chance geben. Aus dem Beckenkamm wird eine Probe entnommen, die im Labor dann Aufschluss geben wird über den Erfolg der Behandlung. Zum Glück habe ich hinten keine Augen und kann nicht sehen, mit welcher Art von Werkzeugen die beiden Ärzte losstanzen. Nach vollbrachter Arbeit fragt mich der junge Arzt stolz, ob ich das Ergebnis sehen möchte. Nein, das möchte ich nicht. Den Eindruck hebe ich mir auf für den Tag, an dem der letzte Eingriff dieser Art durchgeführt wird.
Auf dem Behandlungsplan für meine Chemotherapie fand sich ein Diagramm, in dem die einzelnen Blöcke der Behandlung aufgelistet waren. Diese Knochenmarksuntersuchung erschien dort zwischen den Blöcken als Weggabelung. Entweder es geht weiter mit den nächsten Blöcken oder das Ergebnis weist den Weg “Therapieversagen”. In diesem Fall hätten die Ärzte kaum noch Möglichkeiten zum Eingreifen, so wurde mir erläutert. Sollte dieser Test unbefriedigende Resultate an den Tag bringen, folgt Palliativmedizin. Dann ginge es nur noch darum, die unaufhaltsam fortschreitende Krankheit mit schmerzlindernden Maßnahmen zu begleiten. Bleibt also auf ein gutes Ergebnis zu hoffen. Das wird allerdings frühestens in einer Woche eintreffen.
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