Samstag, 25. September 2010

Ängstlich wie die Kinder


Hurra, wir können stehen!
Kinder werden erst interessant, wenn sie einigermaßen reden können. So hatte ich bisher gedacht. Doch unsere Zwillinge belehren mich eines besseren. Es macht offenbar einen Unterschied, ob man fremde Kinder nur gelegentlich sieht, oder ob man Tag für Tag die Entwicklung bei den eigenen Kindern beobachten kann. Töchterchen hat mal wieder den Vorreiter gemacht und sich als erste aus eigener Kraft hochgezogen an den Gitterstäben des Bettchens. Sie kann auf den eigenen Beinchen stehen. Inzwischen beherrscht Sohnemann den Trick auch. Dabei benutzt er eine ganz andere Technik als seine Schwester. Aus dem Vierfüßlergang streckt er die Beine aus und dann braucht er eine Treppenstufe oder die gute alte Zeitungskiste neben dem Ofen, um sich aufzurichten. Dann stehen sie und freuen sich über die neue Perspektive. Nur eins fehlt ihnen noch. Sie haben noch nicht den Mut, einen Fuß vor den anderen zu setzen. An die Idee, dass Gott die Beine zum Fortbewegen gegeben hat, trauen sie sich alle beide noch nicht heran. Sollen wir ihnen zeigen, wie man läuft? Nun, bisher haben sie all die Tricks selbst herausgefunden, die wir ihnen mühsam beibringen wollten vor der Zeit. Alle Mühe war umsonst, die Kinder anzuregen, gezielt nach Spielzeug zu greifen. Plötzlich konnten sie es von selbst. Auch das Hinsetzen konnten wir ihnen nicht beibringen. Als die Muskeln stark genug waren, taten sie es von selbst. Ich gehe mal davon aus, dass die ersten Schritte auch kommen werden, wenn die Zeit dafür reif ist. Schließlich sind die beiden gerade mal neun Monate alt. Ob ich auch so viel Mühe hatte, laufen zu lernen? Zum Glück habe ich meine Erinnerungen an diese Plackerei verloren.

Übrigens hat die Kunst, gezielt greifen zu können, ganz konkrete soziale Folgen. Töchterchen nimmt ihrem Bruder mit einem gezielten Griff den Schnuller weg oder das Spielzeug, mit dem er sich gerade beschäftigt. Der Kleine bewegt seine Hände dann aber zu tollpatschig, um das Verlorene zurückerobern zu können. Tränen gibt es aber kaum - bisher. Schließlich liegt genügend Spielzeug herum um und die Aufmerksamkeit von Schwesterchen hat sich bald auch wieder anderen Dingen zugewendet und der Kleine findet seinen Schnuller unbeachtet auf dem Boden liegen.

Allein sein wollen die beiden nicht. Solange sie gemeinsam spielen, können wir nach nebenan gehen. Doch wenn Claudia ein Kind nach oben genommen hat zum Wickeln oder Baden, dann braucht das andere den Blickkontakt zum Papa. Ansonsten geht das Gebrüll los. Dabei muss ich nur auf die andere Seite des Ofens gehen oder in die Küche und kann sogar noch durch reden oder singen auf mich aufmerksam machen. Es hilft nichts, die Kleinen bekommen scheinbar Angst, wenn sie niemanden mehr sehen.

Die Bibel verwendet oft die Kinder als Vergleich für unser Verhältnis zu Gott. Hier liegt wohl auch ein Vergleichspunkt. Wir wollen Gottes große Werke in unserem Leben sehen und spüren. Sobald ER schwere Tage zulässt und Schicksalsschläge schickt, dann muss er wohl in den Urlaub gegangen oder mit etwas anderem beschäftigt sein. So denken wir ganz kindlich. Dabei ist Gott immer in Rufweite und schläft und schlummert nicht. Nur unser Blick scheint manchmal so kurzsichtig zu sein wie bei den Babies, die sich verlassen fühlen, wenn niemand mehr in Sicht ist.

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